Büchner legte seinem Drama „Woyzeck“ mehrere zeitgenössische Mordfälle zugrunde. Hauptsächlich diente ihm aber der Fall des 41-jährigen Johann Christian Woyzeck als Vorlage, der seine fünf Jahre ältere und zeitweise Geliebte Johanna Christiane Woost am 2. Juni 1821 in Leipzig aus Eifersucht erstochen hatte. Näheres zu den Hintergründen von Büchner Drama und zu dem historischen Woyzeck findet sich im Fol
Der historische Woyzeck verlor schon früh beide Elternteile und absolvierte mit 13 Jahren eine Lehre zum Perückenmacher, was damals ein aussterbender Beruf war. Erwartungsgemäß hatte er nicht lange eine Anstellung und schlug sich mit Gelegenheitsarbeiten durch. Schließlich ließ er sich während der Napoleonischen Kriege als Soldat anwerben und diente insgesamt zwölf Jahre in der Armee.
In dieser Zeit bekam seine damalige Geliebte ein Kind von ihm, hatte aber dennoch Affären mit anderen Soldaten. Woyzeck verstörte dies und er wurde zeitweise depressiv. Außerdem trank er und stahl. Schließlich wurde er unehrenhaft aus der Armee entlassen und versuchte, sich wieder mit Gelegenheitsjobs über Wasser zu halten. Dies gelang ihm nur leidlich, da er am Ende arbeits- und obdachlos war. Zum Mörder wurde er an Johanna Christiane Woost, der Stieftochter seines letzten Arbeitgebers. Mit ihr hatte er ein Verhältnis, aber sie betrog ihn mit anderen Männern. Deshalb hatte er sie bereits mehrfach körperlich misshandelt. Schlussendlich ermordete er sie im Hausflur, als sie gerade von einem Treffen mit einem ihrem Liebhaber zurückkehrte.
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Er wurde noch am Tatort festgenommen und ein psychologisches Gutachten bescheinigte ihm die volle Zurechnungsfähigkeit, weshalb er zum Tod durch das Schwert verurteilt wurde. Vor der Vollstreckung gab es aber neue Zeugenaussagen, die Zweifel an der Zurechnungsfähigkeit aufkommen ließen. Darum wurde der Gutachter erneut beauftragt, Woyzecks Geisteszustand zu überprüfen. Als dieser zum gleichen Ergebnis wie zuvor kam, wurde Woyzeck am 27.08.1824 in Leipzig vor etwa 5000 Zuschauern öffentlich enthauptet.
Es gibt noch zwei weitere zeitgenössische Mordfälle, die ähnlich abliefen und Büchner wahrscheinlich ebenfalls inspiriert haben. Die Parallelen aller drei Fälle sind, dass der Täter aus ärmlichen Verhältnissen stammt, wenig gebildet ist, einen handwerklichen Beruf erlernt hat, als Soldat in der Armee gedient hat, eine Affäre, aus der ein Kind stammt, hat, die Frau aufgrund sozialer Umstände nicht heiraten kann und von ihr betrogen wird.
Darauf ermordet der Täter die Frau vorsätzlich und lässt sich ohne weiteres überführen und festnehmen. In allen drei Fällen spielte die Frage der Zurechnungsfähigkeit eine große Rolle und alle drei Fälle wurden von der Öffentlichkeit aufmerksam verfolgt. Die drei Täter wurden für zurechnungsfähig und damit voll schuldfähig erklärt.
Büchner hat die Hauptvorlage jedoch nicht einfach übernommen, sondern manches verändert und damit verdichtet. Er hat nur den Nachnamen „Woyzeck“ übernommen, sonst sind alle Namen geändert. Woyzeck ist jünger als sein historisches Vorbild, nämlich 30 Jahre alt. Außerdem hat er auch die Geliebte verjüngt. In Wirklichkeit war die 46-jährige Johanna Christiane Woost aufgrund ihres Alters wohl nicht mehr so attraktiv, in Büchners Drama wird sie jedoch mit Namen Marie Zickwolf als junge und schöne Frau beschrieben. Außerdem ermordet Woyzeck im Drama die Mutter seines Kindes und nicht eine Geliebte.
Die Frage nach der Zurechnungsfähigkeit und damit der Schuldhaftigkeit ist aber auch bei Büchner von zentraler Bedeutung. Büchner kommt hier jedoch zu einem anderen Ergebnis als die Gutachter in den realen Mordfällen. Er ist der Meinung, dass die Umstände eine wichtige Rolle spielen, d.h. dass unter gleichen (hier schlechten) Umständen jeder zum Mörder werden kann, da das Äußere Einfluss auf den inneren Zustand hat.
Autorin: Kirsten Schwebel
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