Der Soldat Franz Woyzeck wird aufgrund der Gesellschaft und seiner Psychose zum Mörder seiner Geliebten Marie Zickwolf, die er aus Eifersucht ersticht. Im Folgenden findet sich eine kurze Interpretation des gesamten Dramas.
In Büchners Drama „Woyzeck“ ermordet der gleichnamige Protagonist nach etwa zwei Jahren Beziehung seine Geliebte, mit der er ein gemeinsames Kind hat, weil sie ihn mit dem Tambourmajor betrogen hat. Dass Woyzeck so weit geht, sie zu ermorden, hat mehrere Gründe. Woyzeck leidet unter einer Psychose, d.h. dass sein seelisches Gleichgewicht gestört ist. Außerdem ist er ein Opfer der gesellschaftlichen Umstände, da er als Angehöriger der Unterschicht von der Oberschicht ausgebeutet wird.
Woyzecks Psychose ist durch Stress ausgelöst, wovon er reichlich hat. Er nimmt mehrere Nebenjobs an, um seiner Familie den Lebensunterhalt zu sichern, da sein schmaler Soldatensold dafür nicht ausreicht. So rasiert er regelmäßig seinen Hauptmann und nimmt an Experimenten des Doktors teil. Aktuell isst er ausschließlich Erbsen; diese Mangelernährung bedeutet zusätzlichen Stress. Die Auswirkungen davon sind, dass er Krankheitssymptome aufweist. Sein Puls ist schneller, sein Haar wird dünner und er kann den Urin nicht mehr so gut einhalten.
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Außerdem stellt ihn der Doktor auf eine Stufe mit einem Labortier, was zusätzlich sein Selbstwertgefühl mindert. Auch sein Hauptmann setzt ihn herab und kritisiert seinen unmoralischen Lebenswandel, da er ein uneheliches Kind hat. Außerdem gibt er ihm den entscheidenden Hinweis in Bezug auf Maries Untreue, um Woyzeck noch stärker zu demütigen. Eine weitere Schmach bringt ihm der Tambourmajor bei, da er ihn beim Ringkampf besiegt und ihm Marie wegnimmt. Woyzeck wird demnach auch durch die Gesellschaft zu seiner Tat getrieben, denn die Repräsentanten der Oberschicht (Hauptmann, Doktor und Tambourmajor) behandeln ihn als unwürdig, was bis zur Entmenschlichung reicht.
Das einzige, das ihm im Leben noch Halt gibt, ist seine Freundin Marie, die er von Herzen liebt. Als er von ihrer Untreue erfährt, wirft ihn das völlig aus der Bahn. Er erleidet Wahnsinnsanfälle und meint Stimmen zu hören, die ihn auffordern Marie zu töten. Die Konsequenz, dass er dann das Liebste auf der Welt verliert, ist ihm nicht in vollem Maße klar bzw. er denkt nicht an das danach. Denn auch sein Sohn Christian wird dann (vermutlich) zur Waise, weil sein Vater Woyzeck am Ende des Dramas seiner Tat überführt ist und deshalb sehr wahrscheinlich hingerichtet wird. Auf Mord stand nämlich damals die Todesstrafe.
Büchner stellt in seinem Drama die Gesellschaft dar, wie sie ist. Dass er als Hauptfigur einen einfachen Soldaten aus der Unterschicht wählt, kommt nicht von ungefähr. Seiner Auffassung nach, geht es darum, die Welt realistisch zu zeigen und nicht ein Idealbild zu schaffen. Man muss sich in das Leben des Geringsten hineinversetzen, denn nur so kann man, laut Büchner, die menschliche Natur verstehen. Diese Auffassung ist für die damalige Zeit radikal neu.
Von zentraler Bedeutung ist auch die Frage der Zurechnungsfähigkeit und damit der Schuldfähigkeit Woyzecks. Zu Büchners Zeit kam nämlich genau diese Frage in der Justiz auf. Die meisten argumentierten jedoch, dass die Seele unabhängig vom Körper sei und der Körper vielmehr dem Geist untergeordnet. In dieser Tradition steht auch der Doktor, der Woyzeck zurechtweist, weil dieser an die Wand uriniert hat, statt seinen Harndrang zu kontrollieren, da dieser nach seiner Auffassung dem Willen des Menschen unterworfen ist. Andererseits versucht er aber in seinem Experiment an Woyzeck nachzuweisen, dass eine bestimmte Nahrung zur Geisteskrankheit führen kann.
Die zweite Strömung im 19. Jahrhundert, der auch Büchner folgt, geht in die gleiche Richtung wie das Experiment. Hier wird argumentiert, dass die äußeren Umstände Einfluss auf die psychische Disposition des Einzelnen haben. Das bedeutet in Bezug auf das Drama, dass unter gleichen Umständen jeder zum Mörder werden kann. Die Lebensbedingungen bestimmt also die Gesellschaft außenherum und nicht die Person selbst. Dies sieht man deutlich an Woyzeck; er ist sozusagen an der Gesellschaft erkrankt.
Autorin: Kirsten Schwebel
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