Woyzeck: Szenenanalyse / Interpretation Szene 22 bis 26

In Georg Büchners Drama „Woyzeck“ wird der arme und geistig verwirrte Soldat Franz Woyzeck zum Mörder von Marie Zickwolf, seiner Geliebten und Mutter ihres gemeinsamen unehelichen Sohnes Christian, weil sie ihn mit dem Tambourmajor betrogen hat. Hier findet ihr eine ausführliche und auf jede Szene eingehende Interpretation des Dramas. Die Reihenfolge der Szenen folgt der Lese- und Bühnenfassung von Reclam. Auf Zitate wurde aufgrund von abweichenden Seiten- und Zeilenzahlen in den verschiedenen Ausgaben weitestgehend verzichtet.

Woyzeck: Szenenanalyse Übersicht:

Szene 22 – Kinder

Woyzecks Tat hat mittlerweile die Runde gemacht, denn ein Kind erzählt einem anderen, dass vor der Stadt eine Frau ermordet wurde. Das zweite Kind reagiert nicht etwa geschockt, sondern will schnell zum Tatort, um die Leiche noch zu sehen, bevor sie abtransportiert wird. Dieses Verhalten ist symptomatisch für die ganze Gesellschaft. Statt einfühlsam zu sein, sind die Menschen abgestumpft und sensationslüstern.

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Szene 23 – Woyzeck, allein

Woyzeck ist in der Zwischenzeit eingefallen, dass es noch ein verräterisches Indiz gibt, das auf ihn hinweisen könnte, nämlich das Messer. Er ist daher an den Tatort zurückgekehrt, um es zu suchen und verschwinden zu lassen. Als er sich Marie nähert, meint er etwas zu hören. Im ersten Moment denkt er, es sei Marie. Dann sieht er sie jedoch tot daliegen und alles ist wieder still. Ihr Anblick erinnert ihn an ihren Betrug und bestätigt ihm, das Richtige getan zu haben.

Er meint sogar, dass er sie durch den Mord von ihrer Sünde erlöst hat. Bildlich spricht er davon, dass sie zuvor schwarz von der Sünde war und ihre Leichenblässe nun die weiße Reinheit zeigt, die er ihr gebracht hat (vgl. S. 39, Z. 20-22). Damit sieht er sich als Erlöser und meint eine gute Tat getan zu haben. Dann verspottet er die Tote weiter, indem er sie fragt, warum ihre Haare so unordentlich sind und ob sie sich heute nicht frisiert hat. Das zeigt, dass er immer noch von der Richtigkeit seiner Tat überzeugt ist.

Der Anblick der Leiche löst keinerlei Reue bei ihm aus. Als er das Messer neben der Toten erblickt, nimmt er es an sich und verlässt schnell den Tatort, da er hört, dass sich Leute nähern und er nicht entdeckt werden will.

Szene 24 – Woyzeck an einem Teich

Woyzeck geht an einen Teich und wirft das Messer hinein. Als er bemerkt, dass er es nicht weit genug hineingeworfen hat, watet er ins Wasser und wirft es weiter weg. Danach bedauert er, es nicht zerbrochen zu haben, da es vielleicht im Sommer beim Tauchen gefunden werden könnte. und beginnt, sich die Blutflecke abzuwaschen, damit nichts mehr an ihm auf die Tat hindeutet.

Dabei bedenkt er nicht, dass ihn auch seine nasse Kleidung verraten kann. In dieser Szene wird Woyzecks schlechte Vorbereitung wieder deutlich, da er sich nicht einmal überlegt hat, wie er Mordwaffe verschwinden lässt.

Szene 25 – Gerichtsdiener. Barbier. Arzt. Richter

Ein Gerichtsdiener, ein Barbier, ein Arzt und ein Richter sind zusammen und der Polizeidiener stellt fest, dass man schon lange keinen so schönen Mord hatte. Es gibt kein Mitleid mit dem Ofer oder den Angehörigen, sondern die Sensationslust überwiegt. Genau wie in Szene 22 sieht man hier, wie abgestumpft die Gesellschaft auf allen Ebenen ist.

Szene 26 – Der Idiot. Das Kind. Woyzeck


In der Schlussszene ist Woyzeck bei seinem Sohn und dem Idioten Karl, der Christian auf dem Schoß hält und anfängt an den Fingern einen Abzählreim aufzusagen. Scheinbar ist Woyzeck noch nass, da Karl ihn direkt anschaut und sagt, er sei ins Wasser gefallen.

Dies ist aber auch vorausdeutend in Bezug auf Woyzecks Schicksal zu sehen. Er ist enttarnt und wird voraussichtlich für seine Tat hingerichtet werden. Als Woyzeck seinen Sohn streicheln will, wendet sich dieser ab und schreit. Verzweifelt verspricht Woyzeck, dass er ihm Lebkuchen kauft. Als sein Sohn aber auch das nicht will, gibt er Karl das Geld dafür und dieser läuft jauchzend und Pferdchen spielend mit Christian davon. Woyzeck bleibt allein und traurig zurück, wie das Kind im Märchen der Großmutter (vgl. Szene 18).

Er ist nun von allen verlassen und sogar sein Sohn wendet sich von ihm ab und spielt lieber mit jemand anderem. Diese Einsamkeit am Ende ist symptomatisch für Woyzeck, da er von Anfang an von der Gesellschaft im Stich gelassen wurde: vom Hauptmann, der ihn seine Überlegenheit hat spüren lassen, vom Doktor, der ihn lediglich als Versuchsobjekt gesehen hat, von Andres, der nicht erkannt hat, was ihm fehlt, von Marie, die ihn betrogen hat und vom Tambourmajor, der ihn nach dem verlorenen Zweikampf noch weiter gedemütigt hat.

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Autorin: Kirsten Schwebel

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Dennis Rudolph
Über den Autor

Dennis Rudolph hat Mechatronik mit Schwerpunkt Automatisierungstechnik studiert. Neben seiner Arbeit als Ingenieur baute er frustfrei-lernen.de und weitere Lernportale auf. Er ist zudem mit Lernkanälen auf Youtube vertreten und an der Börse aktiv. Mehr über Dennis Rudolph lesen.