Die Dramaturgie des Stücks wird auch durch die Briefe und die Karte bestimmt, die die verschiedenen Personen schreiben. Von Luise gibt es zwei, einen von Lady Milford und mehrere von Ferdinand. Außerdem wird eine Karte geschickt. Dieser Artikel geht auf alle Schreiben ein und interpretiert sie.
Bereits in der ersten Szene erfährt der Leser bzw. Zuschauer aus einem Gespräch der Millers, dass Ferdinand seiner Luise Liebesbriefe schreibt, in denen er ihre innere Schönheit lobt. Außerdem erhält Luise Liebesromane und weitere Geschenke von ihm. Sie schätzt vor allem die Briefe und Romane und träumt genau wie Ferdinand von einer Hochzeit.
Ihre Mutter ist ebenfalls von den Briefen begeistert, während ihr Vater Ferdinand Kalkül unterstellt. Er denkt, dass es ihm nur um den schönen Körper seiner Tochter geht und er ihr diese Briefe schreibt, um bei ihr sexuell ans Ziel zu kommen. Da Ferdinand Luise leidenschaftlich liebt und sie ernsthaft heiraten will, stimmt Millers Vermutung nicht.
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Das nächste Schreiben ist eine Karte an Lady Milford, die der Präsident in Ferdinands Namen an sie geschickt hat. Darin kündigt er Ferdinands Besuch nach der Wachparade an. Der Präsident hat dies gemacht, um größtmöglichen Druck auf seinen Sohn auszuüben, sich mit der Lady zu verloben.
Die Hochzeit ist längst von oben beschlossen und wurde auch schon in der Residenz verkündet. Nur Ferdinand weiß bis zu dem Gespräch mit seinem Vater noch nichts davon. Durch die Bekanntmachung und die Karte soll verhindert werden, dass Ferdinand sich weigert. Als er dies aber trotzdem tun will, droht der Präsident damit, ihn mit seinem Zorn zu verfolgen.
Da Ferdinand sich weiter weigert, die Lady zu heiraten schmieden Wurm und der Präsident den Plan, Luise zu zwingen, einen Liebesbrief an Hofmarschall von Kalb zu schreiben. Dieser markiert den Höhe- und Wendepunkt des Stücks, da der Plan aufgeht und er die Liebenden auseinanderbringt. In dem Brief steht, dass Luise den Hofmarschall vermisst, da sie ihn bereits seit drei Tagen nicht treffen konnte.
Grund dafür ist, dass Ferdinand ständig bei ihr ist und ihr dadurch keinen Freiraum lässt. Ihr wird das allmählich zu viel und sie wäre Ferdinand gerne los. Wenn er am nächsten Tag Dienst hat, kann sie sich endlich wieder mit dem Hofmarschall in ihrem geheimen Liebesnest treffen.
Diesen Brief diktiert ihr Wurm, mit dem Luise so gut wie verlobt ist. Er zwingt sie dazu, indem er sie mit ihren eingekerkerten Eltern erpresst, deren einzige Rettung vor dem Todesprozess dieser Brief ist. Dass er diese Aufgabe selbst übernimmt, zeigt Wurms Skrupellosigkeit und dass es ihm nicht um Luises Herz geht, sondern nur um ihre Schönheit, die er besitzen will.
Der Brief wird Ferdinand in die Hände gespielt und facht seine Eifersucht an und er ist so enttäuscht, dass er sich und Luise töten will. Er vertraut nicht mehr auf seine Gefühle, sondern meint, dass ihn seine Geliebte von Anfang an getäuscht hat, auch wenn dies für ihn nur schwer vorstellbar ist. Bevor er zu ihr geht, um seinen Plan in die Tat umzusetzen, versöhnt er sich mit seinem Vater. Dadurch hat dieser erst einmal erreicht, was er wollte: Er hat die Liebe seines Sohnes wieder und dieser trennt sich von Luise. Damit kann er ihn leichter mit Lady Milford verheiraten.
Allerdings macht ihm da die Lady einen Strich durch die Rechnung, da sie nach dem Gespräch mit Luise den Hof verlässt. Sie verteilt ihren Besitz unter ihrer Dienerschaft und schreibt noch einen Abschiedsbrief an den Fürsten. In diesem drückt sie ihre Enttäuschung über das gebrochene Versprechen des Fürsten aus. Sie war ihm vor drei Jahren nämlich nur als Mätresse an seinen Hof gefolgt, weil er ihr versprochen hat, seine Untertanen nicht weiter zu unterdrücken, also z.B. keinen Soldatenhandel zu betreiben.
Da er diese Vereinbarung hinter ihrem Rücken gebrochen hat, ist sie nicht länger bereit, bei ihm zu bleiben. Abschließend gibt sie ihm den Rat, sein Volk zu lieben und Erbarmen zu zeigen. Sie selbst wird in einer Stunde über der Grenze sein. Unterschrieben hat sie den Brief mit ihrem echten Namen „Johanna Norfolk“, da sie sich nur Emilie Milford genannt hat.
Durch ihren Brief zeigt die Lady, dass sie eine Frau mit Prinzipien ist. Obwohl sie sich in einer persönlichen und finanziellen Notlage befand, als sie den Fürsten kennenlernte, folgte sie ihm nicht bedingungslos an seinen Hof. In ihrer eigenen Not hat sie die der anderen nicht vergessen, sondern sorgt dafür, dass das Volk weniger zu leiden hat. Dafür opfert sie ihre Tugend und bleibt beim Herzog.
Als sie aber mitbekommt, dass er sie getäuscht hat, zieht sie direkt Konsequenzen und verlässt ihn. Dies hängt auch damit zusammen, dass Luise ihr bei ihrem vorherigen Besuch die Augen geöffnet hat, da sie gedroht hat sich umzubringen, sollte die Lady auf der Hochzeit mit Ferdinand bestehen. Dadurch hat Lady Milford sich auf ihre einstigen Werte besonnen und festgestellt, dass sie ihr Glück nicht auf dem Unglück anderer aufbauen kann. Deshalb kann auch nicht über die Täuschung des Fürsten hinwegsehen. Sie lässt alles hinter sich und macht eine Wallfahrt, um Vergebung für ihre Sünden zu finden.
In ihrer Verzweiflung, weil sie Ferdinand betrügen musste und sie keine andere Chance für ihre Liebe sieht, schreibt Luise einen Erklärungsbrief an Ferdinand. Darin schreibt sie von dem Zwang und dem Schwur, den sie leisten musste. Außerdem deutet sie die Schuld des Präsidenten an der schlimmen Lage an und bittet Ferdinand sich mit ihr zusammen umzubringen, damit sie im Jenseits in Liebe vereint sein können. Dafür soll er um Mitternacht auf den Karmeliterturm kommen, frei von allen Leidenschaften und nur auf sein Herz hörend. Außerdem schreibt sie ihm, dass er schwach ist, wenn er aus Angst nicht kommt, und er sich schämen muss, weil ein Mädchen mehr Stärke bewiesen hat als er.
An den letzten Zeilen wird deutlich, dass sie sich auch allein vom Turm stürzen wird, falls er nicht kommt. Er kann also wählen, ob er gemeinsam mit ihr in den Tod geht und die Liebe im Jenseits hat oder ob er nicht kommt und in ihren Augen ein feiger Schwächling ist, der nicht für seine Liebe einsteht. Sie fordert damit von ihm, seinen Liebesschwüren auch Taten folgen zu lassen.
Allerdings erreicht dieser Brief Ferdinand nie, da Luise ihn nach einem eindringlichen Gespräch mit ihrem Vater zerreißt. Er macht ihr klar, dass es ihn auch umbringen würde, wenn sie sich tötet und sie dann schuld an seinem Tod ist. Das bringt sie nicht übers Herz und entscheidet sich für ihren Vater, mit dem sie aber fortgehen will.
Das letzte Schreiben ist ein Geschäftsbrief, den Ferdinand von einem Boten bekommt, den er jedoch nicht gelesen hat. Der Leser erfährt den Inhalt ebenfalls nicht, aber Ferdinand vermutet, dass er etwas Geschäftliches enthält. Er schickt Miller damit zu seinem Vater, damit dieser sich darum kümmert. Er hat sich selbst nicht mehr damit befasst, da er sich und Luise gleich töten wird. Der Brief hat also keine Relevanz mehr für ihn, da Ferdinand schon mit dem diesseitigen Leben abgeschlossen hat.
Autorin: Kirsten Schwebel
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