Die nur „Lenz“ genannte Hauptperson in Georg Büchners gleichnamiger Erzählung heißt mit vollem Namen Jakob Michael Reinhold Lenz und ist an Schizophrenie erkrankt. Lenz hält sich zur Erholung bei Pfarrer Oberlin im Steintal auf und er spürt, dass er vom Wahnsinn bedroht wird. Er versucht sich dagegen zu wehren, was ihm aber schlussendlich nicht gelingt.
Bei dem Protagonisten Lenz handelt es sich um den Sturm-und-Drang-Dichter Jakob Michael Reinhold Lenz, der zur erzählten Zeit 27 Jahre alt ist und sich tatsächlich vom 20. Januar bis zum 8. Februar 1778 bei Pfarrer Oberlin im Steintal aufgehalten hat.
Lenz stammt aus einer Pastorenfamilie und hat einen sehr strengen Vater, der von seinem Sohn einen anständigen Beruf wie Pfarrer oder Beamter und Zielstrebigkeit erwartet. Lenz ist aber ganz anders als dieser und will selbst über sein Leben bestimmen. Er wird Schriftsteller und kann davon meistens leben. Sein Leben ist aber dadurch eher unstet und ungewiss, was seinem Vater äußerst missfällt. Er ist zur damaligen Zeit schon recht bekannt, da auch Oberlin im abgeschiedenen Waldbach Dramen von ihm kennt.
Als Lenz bemerkt, dass er ernsthaft an Wahnsinn zu erkranken droht, wehrt er sich dagegen und begibt sich zu Pfarrer Oberlin nach Waldbach im Steintal, um sich in der dortigen Abgeschiedenheit zu erholen. Das gelingt anfangs auch, was zu einem großen Teil an der Person Oberlins liegt. Dessen vorbehaltlose Art und die Gespräche mit ihm tun Lenz gut. Er findet durch ihn zum Glauben und genießt die schöne Natur bei den gemeinsamen Hausbesuchen bei den Gläubigen der Gemeinde. Oberlin wird für Lenz zu einer positiven Vaterfigur, die in krassem Gegensatz zu seinem eigenen Vater steht. Deshalb trifft es Lenz auch so sehr, als Oberlin nach seiner Rückkehr aus der Schweiz von ihm verlangt, sich dem Willen seines Vaters zu beugen.
Er fühlt sich verraten und das bedingungslose Vertrauen zu Oberlin hat einen Riss bekommen. Je mehr sich die Krankheit im Laufe seines Aufenthalts im Steintal verschlechtert, desto weniger Halt und Ruhe findet Lenz in den Dingen, die ihm vorher eine Stütze waren. Malen und lesen bieten ihm nur noch eine kurze Zerstreuung und insbesondere seine Glaubenszweifel, die schließlich in den Atheismus münden, berauben ihn einer weiteren mentalen Stütze. Denn durch seinen Abfall vom Glauben hat er keine Hoffnung mehr auf ein besseres Leben im Jenseits, weshalb ihm Leben und Tod gleichermaßen sinnentleert scheinen. Für ihn spielt es keine Rolle, ob er lebt oder stirbt.
Seine anfängliche geistige Verwirrung steigert sich während seines Aufenthalts zu einer akuten Psychose, die begleitet wird von Sinnestäuschungen, Halluzinationen und Stimmungsschwankungen. Dies alles führt zur Isolation von Lenz, der sich auch zunehmend merkwürdig verhält und sogar halbherzige Suizidversuche unternimmt. Für die ihn umgebenden Menschen wird es dadurch zunehmend schwerer, mit ihm zu kommunizieren und sich in ihn hineinzuversetzen. Der Gipfel dieses seltsamen Verhaltens ist dabei sicherlich, als Lenz in Sack und Asche gekleidet den Versuch unternimmt, ein totes Kind wieder zum Leben zu erwecken.
Was Lenz Genesung ebenfalls nicht begünstigt, ist die vergebliche Liebe zu Friederike, die nicht ihn sondern einen anderen Mann erhört hat. Lenz hat also zusätzlich noch Liebeskummer und meint sogar in einem Anflug von Wahnsinn, Friederike aus Eifersucht getötet zu haben.
Auffallend ist, dass die Krankheit Lenz innerhalb von nur knapp drei Wochen komplett überwältigt und ihn bis zu seinem Tod einige Jahre später fest im Griff hat. Die anfängliche Bedrohung durch die Schizophrenie steigert sich rasant und Lenz kann sich nicht dagegen wehren. Er hat am Ende völlig resigniert und führt ein sinnentleertes Leben.
Autorin: Kirsten Schwebel
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